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Vereinbarte Hauptleistung und Preis unterliegen nicht der AGB-Kontrolle. Doch welche Vereinbarungen zählen genau dazu? – Zur Wirksamkeit von Wartungsklauseln in Garantien!

15. Januar 2015

Vereinbarte Hauptleistung und Preis unterliegen nicht der AGB-Kontrolle. Doch welche Vereinbarungen zählen genau dazu?
Zur Wirksamkeit von Wartungsklauseln in Garantien!
Eine wahre Flut von Entscheidungen zur Unwirksamkeit einzelner vertraglicher Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen weisen die praktische Relevanz des AGB-Rechtes auf und verunsichern die Praxis.
Nur die Leistungsbezeichnung selbst unterfällt nicht der strengen AGB-Kontrolle. Gemeint sind damit solche Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln. Die Juristen sprechen hierbei bezeichnender Weise vom „kontrollfreien Minimum des Vertrages“. Angesichts der sehr strengen AGB-Kontrolle ist die Frage, welche Vertragsregelungen unter diesen AGB-freien Raum fallen, von großer Praxisrelevanz.
Genau mit dieser Frage befasste sich der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 25.09.2013 und das Ergebnis, nämlich eine sehr enge Auslegung des sogenannten „kontrollfreien Minimums“ ist angesichts der ausgesprochen strengen Handhabung des AGB-Rechtes durch den Bundesgerichtshof nicht wirklich überraschend.
Gleichzeitig enthält das Urteil des Bundesgerichtshofs auch noch interessante Ausführungen zu der Frage, inwieweit ein Hersteller seine Garantie von der Einhaltung bestimmter Inspektionsintervalle in Vertragswerkstätten abhängig machen darf.

Sachverhalt

Der Käufer kaufte einen Gebrauchtwagen „inkl. 1 Jahr Gebrauchtwagengarantie gemäß Bestimmungen der Car-Garantie“ zum Preis von 10.490 Euro. § 4 der Garantiebedingungen regelt: „Voraussetzung für jegliche Garantieansprüche ist, dass der Käufer/Garantienehmer: a) an dem Kraftfahrzeug die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten beim Verkäufer/Garantiegeber oder in einer vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchführen lässt …“. Den vierten Kundendienst im April 2010 ließ der Käufer in einer freien Werkstatt durchführen. Am 09.07.2010 blieb das Fahrzeug infolge eines Defekts der Ölpumpe liegen. Der Käufer berief sich auf die Gebrauchtwagengarantie und der Verkäufer auf den Ausschluss in § 4 der Garantiebedingungen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann sich der Verkäufer nicht auf § 4 der Garantiebedingungen berufen, da diese Regelung eine unangemessene Benachteiligung des Käufers darstelle. Zwar unterlägen der Inhaltskontrolle solche Abreden nicht, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln. Diese Freistellung gelte jedoch nur für den unmittelbaren Leistungsgegenstand.
Dagegen seien Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken, von der Freistellung nicht erfasst. Deshalb würden Klauseln, die anordnen, dass der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt nicht zu erbringen hat, der AGB-Kontrolle unterworfen.
Denn nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, sei der Inhaltskontrolle entzogen!
Hiervon zu unterscheiden seien die kontrollfähigen Nebenabreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, die gesetzliche Regelung treten könne. Anders als die unmittelbaren Leistungsabreden bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang der zu erbringenden Leistungen, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der Leistungserbringung und/oder etwaige Leistungsmodifikationen zum Inhalt haben, „neben“ eine bereits bestehende Leistungshauptabrede.
Um eine solche Regelung handele es sich bei einer Wartungsklausel jedenfalls dann, wenn die Garantie nur gegen Zahlung eines dafür zu entrichtenden Entgelts zu erlangen war. Der Kläger hat den Gebrauchtwagen „inklusive 1 Jahr Gebrauchtwagen-Garantie“ zum Gesamtpreis von 10.490 Euro erworben. Für die Frage der Entgeltlichkeit der Garantie mache es keinen Unterschied, ob für die Garantie ein gesondertes Entgelt ausgewiesen wird oder ob der Käufer/Garantienehmer für das Fahrzeug und die Garantie einen Gesamtkaufpreis zu zahlen hat, mit dem somit nicht nur das Fahrzeug, sondern auch die gewährte Garantie abgegolten wurde.

Im Rahmen „bezahlter“ Garantien ist die Wartungsklausel jedenfalls unwirksam!

§ 4 der Garantiebedingungen hält nach Ansicht des Bundesgerichtshofs der AGB-Kontrolle nicht stand, weil sie die Leistungspflicht des Garantiegebers für den Fall, dass der Garantienehmer die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten nicht durchführen lässt, unabhängig davon ausschließt, ob die Säumnis des Garantienehmers mit seiner Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist.

Praxishinweise

  1. Sollte in Ihren Garantiebedingungen eine Regelung enthalten sein, dass Sie die Wartung und/oder Inspektion in einer Vertragswerkstatt durchführen lassen müssen, so ist diese Klausel jedenfalls dann unwirksam, wenn Sie diese Garantie gesondert bezahlt oder im Gesamtkaufpreis mitbezahlt haben! Bei Neuwagen bieten die Hersteller meist eine Gratis-Garantie an. In diesem Fall kann deshalb die Wartung/ Inspektion in Vertragswerkstätten wirksam vorgeschrieben werden. Bei Gebrauchtwagenhändlern wird dagegen davon ausgegangen, dass die Garantieleistung mit verkauft wird. Damit ist eine Verpflichtung ausgeschlossen, die Wartung an besondere Werkstätten zu knüpfen. Kern der Argumentation: Im ersten Fall ist die Klausel durch das legitime Interesse des Herstellers gedeckt, die Aufwendungen für Garantiefälle durch Kundenbindung wieder zu erwirtschaften. Bei einer entgeltlichen Garantie hat er diese Aufwendungen schon abgedeckt.

  2. Auch Skonto-Regelungen oder Vereinbarungen zum Zahlungsziel unterliegen dem AGB-Recht. Sie betreffen zwar auch die Gegenleistung, sind aber lediglich Nebenabreden und unterfallen als solche nicht dem sogenannten kontrollfreiem Minimum. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach dem im Juli 2014 erlassenen Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs eine AGB-Klausel im Zweifel unangemessen und deshalb unwirksam ist, wenn sie eine Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen vorsieht! (§ 308 Nr.1a BGB)

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom Urteil vom 25.09.2013 können Sie abrufen unter www.bundesgerichtshof.de, dort unter Entscheidungen unter Angabe des Aktenzeichens VIII ZR 206/12.