Die Bedeutung von Irrtums- und Änderungsvorbehalten in Produktkatalogen
Irrtums- und Änderungsvorbehalte in Produktkatalogen sind zulässig!
Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 04.02.2009 entschieden. Gleichzeitig enthält das Urteil aber auch wichtige Ausführungen zur Bedeutung und Reichweite solcher Klauseln.
Konkret ging es um folgende in einem Produktkatalog eines Mobilfunkunternehmens abgedruckt Formulierung:
“Alle Preise inkl. MwSt! Solange der Vorrat reicht! Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Abbildungen ähnlich.”
Tatsächlich befand sich in dem Katalog auch ein Irrtum, da das Inklusivvolumen eines Datentarifs „Data 30“ versehentlich mit 100 MB statt 30 MB angegeben worden war. Der Kunde hatte daraufhin eine Netzkarte „Data 30“ sowie ein Mobilfunkgerät bestellt. Das Mobilfunkunternehmen lieferte das Gerät und die notwendige SIM-Karte, stellte ihm jedoch nur ein Inklusivvolumen von 30 MB zur Verfügung. Der Kunde verlangte daraufhin mit Verweis auf den Prospekt ein Inklusivvolumen von 100 MB. Dies verweigerte das Mobilfunkunternehmen mit der Begründung, diesbezüglich sei der Katalog fehlerhaft gewesen und verwies den Kunden auf die Irrtums- und Änderungsvorbehaltsklausel im Prospekt. Der Kunde und das Unternehmen einigten sich schließlich, allerdings griff ein Verbraucherschutzverband eine Beschwerde des Kunden auf und verklagte das Mobilfunkunternehmen auf Unterlassung, weiterhin die Klausel über den Änderungs- und Irrtumsvorbehalt zu verwenden, da es sich hierbei um eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung handele.
Der Bundesgerichtshof wies die Klage mit der Begründung zurück, die angegriffene Formulierung sei keine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB, weil diese Hinweise lediglich den werbenden und unverbindlichen Charakter der Katalogangaben und -abbildungen verdeutliche, nicht aber die Bedingungen eines Vertrags über die im Katalog angebotenen Waren und Dienstleistungen regle.
Damit erklärte der BGH solche Irrtums- und Änderungsvorbehaltsklauseln zwar für zulässig, schränkt aber gleichzeitig ihre Bedeutung und Reichweite deutlich ein. Interessant sind dabei die generellen Aussagen des Bundesgerichtshofs zu Prospekten und den darin enthaltenen Irrtums- und Vorbehaltsklauseln:
Prospekte sind keine verbindlichen Angebote!
Zunächst stellt der Bundesgerichtshof klar, dass die Herausgabe des Katalogs mit den darin beworbenen Produkten in vertragsrechtlicher Hinsicht noch kein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags darstellt. Mit dem Prospekt selbst sei eine rechtsgeschäftliche Bindung erkennbar noch nicht gewollt. Es handele sich hier lediglich um eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten. Den Vertragsabschluss selbst behalte sich der Erklärende aber noch vor, was sich bereits daraus ergebe, dass gegen den Vertragsabschluss mit einem bestimmten Kunden Bedenken bestehen könnten oder das Warenangebot für die Nachfrage nicht ausreichen könnte.
Abschluss und Inhalt des Kaufvertrages:
Ein Vertrag über die im Katalog angebotenen Produkte mit einer den Katalogangaben und -abbildungen entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung komme nur und erst dann zu Stande, wenn der Kunde auf der Grundlage des Katalogs ein Angebot zum Erwerb eines der Produkte abgebe und der Verkäufer ein solches Angebot annehme, ohne auf Irrtümer oder Änderungen gegenüber den Katalogangaben und -abbildungen hinzuweisen.
Bedeutung und Reichweite des Hinweises „Änderungen und Irrtümer vorbehalten“:
Dieser Hinweis besage lediglich, dass Irrtümer, wie z.B. Druckfehler im Katalog ebenso wenig ausgeschlossen werden können wie nach Drucklegung eintretende Änderungen hinsichtlich der beworbenen Produkte. Der Hinweis bringe damit lediglich die auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt bestehende Rechtslage zum Ausdruck, dass die im Katalog enthaltenen Angaben insoweit vorläufig und unverbindlich sind, als sie durch den Verkäufer vor oder bei Abschluss eines Vertrags noch korrigiert werden können.
Keine Einschränkung der Haftung oder Gewährleistung!
Der Hinweis regele nicht den Inhalt eines auf der Grundlage des Katalogs abgeschlossenen Vertrags. Insbesondere sei ihm keine Beschränkung der Rechte des Vertragspartners – etwa in haftungs- oder gewährleistungsrechtlicher Hinsicht – zu entnehmen.
Die Haftung für Werbeaussagen nach Vertragsabschluss bleibt unberührt!
Nach § 434 Absatz 1 Satz 3 BGB gehören zu der geschuldeten Beschaffenheit auch Eigenschaften, die der Käufer aufgrund von Werbeaussagen oder anderen öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, Herstellers oder dessen Gehilfen, z.B. Werbeagenturen erwarten kann. Diesbezüglich stellte der Bundesgerichtshof klar, dass für die Sachmängelhaftung des Verkäufers auch Katalogangaben über Eigenschaften von Produkten von Bedeutung sein können. Vorrangig bleiben nach Auffassung des Bundesgerichtshofs allerdings immer die vertraglichen Willenserklärungen. Eine Korrektur irrtümlicher oder fehlerhaft gewordener Katalogangaben durch die bei Vertragsschluss abgegebenen Willenserklärungen, insbesondere durch vom Katalog abweichende Beschaffenheitsvereinbarungen, sei möglich und zulässig. Dies komme in dem Irrtums- und Änderungsvorbehalt zutreffend zum Ausdruck.
Praxishinweis:
Die Vorschrift des § 434 Absatz 1 Satz 3 BGB zu den Werbeaussagen des Herstellers kann für Sie als Einkäufer sowohl im Geschäftsverkehr als auch im privaten Einkauf sehr hilfreich sein, wenn Sie eine bestimmte Eigenschaft durchsetzen möchten, diese aber nicht vertraglich festgehalten haben. Finden Sie diese Eigenschaft in öffentlichen Äußerungen wie Prospekten oder Internetseiten, können Sie das Fehlen dieser Eigenschaft bei Ihrem Lieferanten als Mangel geltend machen. Wie der Bundesgerichtshof nunmehr ausdrücklich klargestellt hat, kann der Verkäufer sich in einem solchen Fall nicht auf Klauseln aus seinem Prospekt wie „Irrtümer oder Änderungen vorbehalten“ berufen. Auf diese kann er lediglich vor bzw. bei Vertragsabschluss hinweisen und damit klarstellen, an welcher Stelle bzw. bzgl. welcher Eigenschaft der Vertrag inhaltlich vom Prospekt abweicht.
Die Entscheidung des BGH vom 04.02.2009 können Sie abrufen unter www.bundesgerichtshof.de, dort unter Entscheidungen unter Angabe des Aktenzeichens VIII ZR 32/08.