Klausel zur 36-monatigen Verjährungsfrist ist wirksam
Seit dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 09.12.2004 über die Wirksamkeit zahlreicher praxisrelevanter Einkäuferklauseln (vorgestellt in der BA Ausgabe 7 Juli 2005) wurde hierzu das Urteil der höchsten Instanz mit Spannung erwartet.
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 05.10.2005 (Aktenzeichen VIII ZR 16/05) über die Wirksamkeit der umstrittenen Klauseln entschieden, zwar schneller als erwartet aber leider deutlich weniger käuferfreundlich als erhofft!
Während das Oberlandesgericht noch die Hälfte der 16 geprüften Klauseln als wirksam erachtete, hielt der Inhaltskontrolle durch den BGH nur eine einzige Klausel stand. Diese ist dafür aber immerhin sehr praxisrelevant:
Falls keine abweichende Vereinbarung geschlossen wurde, beträgt die Verjährung für Mängelansprüche 36 Monate ab Gefahrübergang.
Nachdem diese Regelung nunmehr vom BGH auch als Allgemeine Geschäftsbedingung abgesegnet wurde, empfiehlt es sich für den Einkauf, eine entsprechende Regelung in die Einkaufsbedingungen oder auch in seine sonstigen Beschaffungsverträge aufzunehmen.
Leider hat der Bundesgerichtshof die für den Einkauf ebenfalls sehr praxisrelevante Regelung zum Neubeginn der Verjährungsfrist im Falle der Nacherfüllung als unwirksam angesehen. Die Klausel
Für im Wege der Nachlieferung durch den Lieferanten neu gelieferte oder nachgebesserte Teile beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
sei eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des AGB-Rechtes, da nach ihrem Wortlaut für jedes neu gelieferte oder nachgebesserte Teil ohne Rücksicht auf Umfang, Dauer und Kosten der Nacherfüllungsmaßnahmen die Verjährungsfrist neu in Gang gesetzt werde. Der Bundesgerichtshof verwies dabei auf seine ständige Rechtsprechung, wonach von einem Neubeginn der Verjährung bei Mängelbeseitigungsmaßnahmen nur dann ausgegangen werden könne, wenn die insoweit vom Lieferanten vorgenommenen Maßnahmen im jeweiligen Einzelfall als konkludentes Anerkenntnis der Mängelbeseitigungspflicht des Lieferanten anzusehen sei. Ein solches Anerkenntnis komme aber nur bei umfangreichen Nachbesserungsarbeiten von gewisser Dauer in Betracht. Dies berücksichtige die o.g. Klausel nicht. So erfasse die Klausel z.B. auch den Fall, dass ein geringfügiger Mangel eines gelieferten Teils ohne nennenswerten Aufwand von Seiten des Lieferanten beseitigt werde oder auch den Fall, dass der Lieferant erkläre, den Mangel nur aus Kulanz, zur Vermeidung von Streitigkeiten oder im Interesse des Fortbestandes der Lieferbeziehung zu beseitigen.
Ein wenig Hoffnung gibt allerdings folgende Aussage des Bundesgerichtshofs: „Zwar sind…durchaus Fälle denkbar, in denen Nacherfüllungsmaßnahmen eines Lieferanten zur Folge haben, dass die Verjährung nach § 438 BGB – unbeschränkt – neu beginnt. Bei der Lieferung einer Ersatzsache nach § 439 BGB mag das sogar die Regel sein.“ Dies legt die Vermutung nahe, dass der Bundesgerichtshof im Falle der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung zumindest in der Regel von einem Neubeginn der Verjährung ausgeht.
Unter Berücksichtigung dieser Aussage könnte es der Einkäufer in Einkaufsbedingungen mit folgender Regelung versuchen:
Erfüllt der Auftragnehmer seine Nacherfüllungsverpflichtung durch Ersatzlieferung, so beginnt für das als Ersatz gelieferte Produkt nach dessen Ablieferung die Verjährungsfrist neu zu laufen, es sei denn der Auftragnehmer hat sich bei der Nacherfüllung ausdrücklich vorbehalten, die Ersatzlieferung nur aus Kulanz, zur Vermeidung von Streitigkeiten oder im Interesse des Fortbestands der Lieferbeziehung vorzunehmen.
Soweit der Einkäufer einen Neubeginn der Verjährung auch im Falle der Nachbesserung durch den Lieferanten erreichen möchte, hat er praktisch nur zwei Möglichkeiten: Er schließt eine entsprechende Vereinbarung im Wege einer Individualvereinbarung ab. Hierzu müsste der Einkäufer allerdings sicherstellen, dass er eine entsprechende Formulierung nicht mehr als zwei mal verwendet (ansonsten handelt es sich schon wieder um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, § 305 BGB!) oder dass er im Falle einer Mehrfachverwendung beweisen kann, dass er diese Regelung mit dem Lieferanten ausgehandelt hat, d.h. dem Lieferanten zur Disposition gestellt hat. Ansonsten bleibt dem Einkäufer nichts anderes übrig, als sich im konkreten Einzelfall auf ein konkludentes Anerkenntnis von Seiten des Lieferanten zu berufen. In diesem Fall müsste der Einkäufer aber auch das Vorliegen entsprechend umfangreicher, als Anerkenntnis zu wertender Mängelbeseitigungsarbeiten beweisen. Dabei dürfte das Wort „Kulanz“ im Schriftverkehr von Seiten des Lieferanten allerdings nicht auftauchen!
Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist auch die einkäuferseitige Hoffnung gestorben, im Wege von Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam eine verschuldensunabhängige Haftung des Lieferanten für Rechtsmängel, insbesondere bei der Verletzung von Schutzrechten Dritter, erreichen zu können. Gerade wegen ihrer verschuldensunabhängigen Ausgestaltung erachtete der Bundesgerichtshof folgende Klauseln als unwirksam:
Der Lieferant hat auch für unverschuldete Rechtsmängel einzustehen. Auch in diesem Falle sind wir berechtigt, Schadensersatz gemäß § 437 BGB geltend zu machen.
„Der Lieferant übernimmt die Haftung dafür, dass der Liefergegenstand frei von Rechten Dritter in Deutschland oder, sofern er hierüber unterrichtet ist, im Bestimmungsland ist.“
„Im Falle einer Verletzung von gewerblichen Schutzrechten ist uns der Lieferant zum Ersatz aller uns hieraus entstehenden Schäden verpflichtet.“
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs weichen diese Regelungen von dem wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes ab, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz regelmäßig nur bei schuldhaftem Verhalten bestehe.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg hält der Bundesgerichtshof auch die Klausel
„Wir sind in diesem Falle auch berechtigt, auf Kosten des Lieferanten von dem Inhaber solcher Schutzrechte die erforderliche Genehmigung zur Lieferung, Inbetriebnahme, Benutzung, Weiterveräußerung usw. des Liefergegenstandes zu erwirken.“
für unwirksam. Die Unangemessenheit dieser Klausel ergebe sich vor allem daraus, dass der Käufer mit dieser Klausel über den Kopf des Lieferanten hinweg mit dem Schutzrechtsinhaber auf Kosten des Lieferanten Vereinbarungen treffen könne, die für den Lieferanten möglicherweise sogar nachteiliger sein könnten als die Rücknahme der mangelhaften Ware und der Ersatz des dem Käufer durch den Rechtsmangel entstandenen Schadens. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte man folgende Regelung in Einkaufsbedingungen aufnehmen:
„Der Auftragnehmer gewährleistet, dass der Liefer-/Leistungsgegenstand frei von Rechten Dritter in Deutschland, oder sofern er hierüber unterrichtet ist, im Bestimmungsland ist.“
„Die Parteien werden sich unverzüglich schriftlich gegenseitig benachrichtigen, falls gegenüber einem von ihnen Ansprüche wegen der Verletzung von Schutzrechten geltend gemacht werden.“
„Wird die vertragsgemäße Nutzung des Liefer- / Leistungsgegenstandes durch Schutzrechte Dritter beeinträchtigt, so ist der Auftragnehmer unbeschadet seiner sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen dazu verpflichtet, auf eigene Kosten nach Abstimmung mit dem Auftraggeber entweder von dem über das Schutzrecht Verfügungsberechtigten das Recht zu erwirken, dass die Liefer-/Leistungsgegenstände uneingeschränkt und ohne zusätzliche Kosten für den Besteller vertragsgemäß genutzt werden können oder die schutzrechtsrelevanten Teile der betroffenen Produkte/Leistungen so abzuändern, dass sie aus dem Schutzbereich herausfallen, gleichwohl aber den vertraglichen Bestimmungen entsprechen.“
Eine solche Formulierung berücksichtigt die Interessen des Lieferanten deutlich stärker als die vom Bundesgerichtshof verworfene Klausel und hat insofern eine wesentlich höhere Chance, den strengen Maßstäben des Bundesgerichtshofs gerecht zu werden.
Auch die Klausel
„Die Verjährung unserer Mängelansprüche beträgt im Fall von Rechtsmängeln 10 Jahre nach Lieferung.“
ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes unwirksam. Nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB betrage die Verjährungsfrist nunmehr auch für Rechtsmängel regelmäßig zwei Jahre. Zwar hätten Rechtsmängel vor der Schuldrechtsreform der früheren Regelverjährungsfrist von 30 Jahren unterlegen. Es sei jedoch gerade eines der wesentlichen Reformziele des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes gewesen, die unterschiedlichen Rechtsfolgen von Sach- und Rechtsmängeln – auch hinsichtlich der Verjährung – zu beseitigen.
Insofern bleibt auch hier dem Einkäufer nur der Weg der Individualvereinbarung oder im Wege einer Allgemeinen Geschäftsbedingung die Verlängerung der Verjährungsfrist auf 36 Monate, denn dies wurde vom Bundesgerichtshof zumindest für Sachmängel bereits als wirksam erachtet (s.o.).
Hinsichtlich der Klauseln, welche bereits vom Oberlandesgericht Hamburg für unwirksam erklärt wurden, hatte die Einkäuferseite auch beim Bundesgerichtshof nicht mehr Glück:
Die Klauseln
“ Der Rückgriffsanspruch steht uns auch dann gegen den Lieferanten zu, wenn es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt.
“ Wir können den Lieferanten auch mit Schadensersatzansprüchen und Aufwendungsersatzansprüchen belasten (entsprechend § 478 Abs. 1 BGB), die unser Abnehmer gegen uns geltend macht.“
sieht der Bundesgerichtshof entsprechend der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg für unwirksam an, da diese darauf abzielten, die vom Gesetz ausdrücklich nur für den Verbrauchsgüterkauf vorgesehenen Regressregelungen auch auf Fälle außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs auszudehnen. Sinn der Regressvorschriften der §§ 478,479 BGB sei es gerade, den an den Verbraucher veräußernden Letztverkäufer, bzw. dessen Vorlieferanten davor zu schützen, aufgrund des verbesserten Verbraucherschutzes in eine Regressfalle zu geraten. Unternehmen außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs seien insoweit nicht schutzwürdig.
Auch die Klausel
„Es wird vermutet, dass ein Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war, wenn seit Gefahrübergang nicht mehr als 12 Monate vergangen sind.“
erachtete der Bundesgerichtshof wie schon das Oberlandesgericht Hamburg als unwirksam.
Mit dieser Klausel würde dem Lieferanten die Beweislast für Umstände auferlegt, die dem Verantwortungsbereich des Käufers zuzurechnen seien. Etwas anderes würde sich auch nicht aus der mit o.g. Klausel vergleichbaren Vorschrift des § 476 BGB ergeben. Diese Regelung gelte ausdrücklich nur im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs und passe auch im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck nicht für Fälle außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs, denn sie berücksichtige gerade die Tatsache, dass Unternehmen in Bezug auf Mängel in der Regel bessere Erkenntnismöglichkeiten hätten als Verbraucher.
Auch die Revision der Einkäuferseite hinsichtlich der bereits vom Oberlandesgericht Hamburg als unwirksam erachteten Klausel
„In dringenden Fällen… sind wir auch berechtigt, die Mängel auf Kosten des Lieferanten selbst zu beseitigen, beseitigen zu lassen oder Ersatz zu beschaffen.“
hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. Diese Klausel erfasse bei kundenfeindlichster Auslegung nicht nur Fälle, in denen es wegen besonderer Dringlichkeit nicht mehr möglich sei, dem Lieferant von dem Mangel und dem drohenden Schaden zu unterrichten, sondern auch Fälle, in denen einem Lieferanten trotz Eilbedürftigkeit zunächst noch Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben werden müsste. In diesem Fall stelle es jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Lieferanten dar, auf das Erfordernis einer Fristsetzung oder wenigstens einer Unterrichtung des Lieferanten zu verzichten. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung könnte man es in Einkaufsbedingungen mit folgender Regelung versuchen:
“ Zur Abwehr einer akuten Gefahr von erheblichen Schäden kann der Besteller auch ohne Mahnung oder Fristsetzung gegenüber dem Auftragnehmer den Mangel auf Kosten des Auftragnehmers selbst beseitigen, beseitigen lassen oder Ersatz beschaffen, wenn es wegen besonderer Dringlichkeit nicht mehr möglich ist, den Auftragnehmer von dem Mangel und dem drohenden Schaden zu unterrichten und ihm Gelegenheit zur eigenen Abhilfe zu geben.“
Letztlich bewertete der Bundesgerichtshof ähnlich wie das Oberlandesgericht Hamburg die Klausel
“ Der Lieferant ist verpflichtet, uns auf Aufforderung seine Vorlieferanten mitzuteilen und diese durch uns genehmigen zu lassen sowie deren Qualifikation nachzuweisen.“
als schweren Einbruch in die geschäftlichen Beziehungen des Lieferanten und deshalb als unangemessene Benachteiligung des Lieferanten. Eine solche Regelung sei weder zur Sicherung des Qualitätsniveaus noch zur Vermeidung des Produkthaftungsrisikos notwendig. Solche Risiken könne der Käufer auf einfachere Weise vermeiden, indem er z.B. mit seinem Lieferanten bei Vertragsabschluss Abreden über den Produktionsort treffe.
Das Urteil des BGH können Sie über www.bundesgerichtshof.de unter „Entscheidungen“ und dort unter Angabe des o.g. Aktenzeichens abrufen.