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Auf hoher See und vor Gericht….. zwei konträre Entscheidungen des Oberlandesgericht München zu einer wichtigen Frage: Wo ist der Ort der Nacherfüllung?

26. Februar 2008

Im Falle der Lieferung mangelhafter Ware haben Sie nach §§ 434, 439 BGB einen Anspruch auf Nacherfüllung, d.h. Sie können nach Ihrer Wahl entweder Nachbesserung der mangelhaften Ware oder Ersatzlieferung verlangen. Aber wo hat diese Nacherfüllung zu erfolgen? Das Gesetz regelt diese Frage leider nicht eindeutig. Insofern ist hier wieder einmal die Rechtsprechung gefragt. Doch diese ist sich nicht einmal innerhalb ein und desselben Gerichtes einig!

So hatte das Oberlandesgericht München (15. Zivilsenat!) noch mit Urteil vom 12.10.2005, 15 U 2190/05 sehr käuferfreundlich entschieden: Wenn für die Durchführung der Nacherfüllung ein Ort im Vertrag nicht bestimmt ist, ist Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch der Ort, an dem sich die Sache nach dem Vertragszweck befindet, in der Regel also der Wohnort des Käufers.
Im konkreten Fall hatte der Käufer einen Gebrauchtwagen bei einem Verkäufer in Chemnitz gekauft. Nachdem ein Mangel an dem gekauften Wagen aufgetreten war, stritten die Parteien darüber, an welchem Ort die Nacherfüllung durchzuführen war: Der Käufer weigerte sich, das KFZ nach Chemnitz zu bringen und der Verkäufer wollte weder das KFZ abholen noch vor Ort beim Käufer reparieren. Mit der Begründung, dass der Verkäufer nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 439 Absatz 3 BGB alle Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat und außerdem sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, dass dem Käufer gerade keine weiteren Aufwendungen durch die Nacherfüllung entstehen sollen, entschied das Oberlandesgericht München, dass Erfüllungsort der Nacherfüllung der Wohnort des Käufers in München sei. Deshalb sei der Verkäufer verpflichtet, das Fahrzeug am Wohnort des Käufers in München auf die behaupteten Mängel durchzusehen und reparieren zu lassen bzw. das Fahrzeug dort auf seine Kosten abzuholen und auf eigene Gefahr nach Chemnitz zur Durchsicht und Reparatur zu verbringen sowie auf eigene Kosten und Gefahr wieder nach München zurückzubringen.

Anders sieht dies allerdings der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des OLG München vom 20.06.2007 (Aktenzeichen: 20 U 2204/07). Auch hier stritten sich die Parteien um die Frage, ob die Käuferin verpflichtet war, den mangelhaften PKW dem Verkäufer an dessen Firmensitz zur Nachbesserung zur Verfügung zu stellen oder ob der Verkäufer verpflichtet war, die Nachbesserung am Wohnort des Käufers vorzunehmen. Diesmal entschied das OLG München zugunsten des Verkäufers. Nach Auffassung des 20. Zivilsenates des OLG München richtet sich der Erfüllungsort der Nacherfüllung nach dem ursprünglichen Erfüllungsort für die kaufvertragliche Lieferverpflichtung. Dies war im vorliegenden Fall der Firmensitz des Verkäufers! Der 20. Zivilsenat begründet seine Auffassung vor allem damit, dass der Nacherfüllungsanspruch lediglich den ursprünglichen Erfüllungsanspruch modifiziere. Deshalb „dränge es sich auf, dem dem Erfüllungsanspruch modifiziert entsprechenden Nacherfüllungsanspruch denselben Erfüllungsort zuzuweisen.“
Folgt man dieser Entscheidung, führt dies in allen Fällen der Holschuld dazu, dass auch der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Verkäufer liegt.

Angesichts dieser völlig unklaren Rechtslage bleibt nur zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof möglichst bald „ein Machtwort spricht“!

Praxistipp: Es empfiehlt sich außerdem, den Erfüllungsort der Nacherfüllung im Vertrag zu regeln!

Formulierungsvorschlag:

  • Der Erfüllungsort der Nacherfüllung ist der Ort, wo sich das Produkt zum Zeitpunkt der Nacherfüllung bestimmungsgemäß befindet.
  • Der Lieferant trägt insbesondere alle im Zusammenhang mit der Mangelfeststellung und Mangelbeseitigung entstehenden Aufwendungen, auch soweit sie bei dem Besteller anfallen, insbesondere Untersuchungskosten, Aus- und Einbaukosten, Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten. Dies gilt auch, soweit sich die Aufwendungen dadurch erhöhen, dass der Liefergegenstand an einen anderen Ort als den Erfüllungsort verbracht wurde, jedoch nicht, wenn hierdurch unverhältnismäßig hohe Kosten für den Auftragnehmer entstehen.