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BGH: Endverbraucher brauchen bei Ersatzlieferung keine Nutzungsentschädigung zu zahlen!

19. Mai 2009

Wie bereits berichtet verstößt es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Recht, wenn der Endverbraucher bei Ersatzlieferung Nutzungsentschädigung zahlen muss. Der Bundesgerichtshof hatte nunmehr unter Beachtung dieses Urteils des EuGH erneut zu entscheiden, ob nach § 439 Absatz 4 BGB im Falle der Ersatzlieferung vom Käufer Nutzungsentschädigung verlangt werden darf. Im konkret dem BGH vorliegenden Fall hatte eine Verbraucherin bei einem Versandhandelsunternehmen ein Herd-Set gekauft. Nach ca. 1 ½ Jahren rügte die Käuferin einen Mangel am Backofen und bekam daraufhin einen neuen Backofen geliefert. Allerdings hatte das Versandhandelsunternehmen für die 1 ½ jährige Nutzung des „alten“ Backofens Nutzungsentschädigung in Höhe von 67,86 Euro verlangt.

Mit Urteil vom 26.11.2008 entschied der BGH nunmehr, dass der Käufer des Herd-Sets keine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat. § 439 Absatz 4 BGB sei entgegen seinem Wortlaut im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs dahingehend einschränkend auszulegen, dass der Endverbraucher im Falle der Ersatzlieferung keinen Nutzungsersatz leisten muss.

Diese einschränkende Auslegung sei erforderlich, weil der Bundesgerichtshof als nationales Gericht an die Entscheidung des EuGH gebunden sei. Der Grundsatz der Auslegung des § 439 Absatz 4 BGB im Sinne der EU-Richtlinie erfordere eine Rechtsfortbildung dieser Regelung über ihren Wortlaut hinaus. Eine solche Rechtsfortbildung verstoße auch nicht gegen die Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz, da sich aus den Gesetzesmaterialien selbst ergebe, dass der Gesetzgeber eigentlich die Absicht hatte, eine richtlinienkonforme Regelung zu schaffen, jedoch irrtümlich davon ausgegangen sei, dass § 439 Absatz 4 BGB mit der EU-Richtlinie vereinbar sei.

Auswirkung auf die Praxis:

Wenn Sie zu privaten Zwecken bei einem Unternehmen ein Produkt einkaufen und innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist Ersatzlieferung wegen eines Mangels verlangen, kann das Unternehmen von Ihnen keine Nutzungsentschädigung verlangen.

Der BGH beschränkt seine richtlinienkonforme Auslegung allerdings ausdrücklich auf den Verbrauchsgüterkauf. Insofern ist davon auszugehen, dass im B2B-Bereich ein Anspruch des Verkäufers auf Nutzungsentschädigung besteht.

Das letzte Wort wird hier allerdings bald durch den Gesetzgeber fallen. Dieser plant nämlich bereits eine Ergänzung der Sonderregelungen über den Verbrauchsgüterkauf dahingehend, dass § 439 Absatz 4 BGB im Falle des Verbrauchsgüterkaufs mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind. (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 15.10.2008, BT-Drucks. 16/10607). Sollte der Gesetzgeber diesen Entwurf entsprechend umsetzen, bedeutet dies für den B2B-Bereich, dass im Falle einer Ersatzlieferung Nutzungsentschädigung zu zahlen ist.