BGH-Urteil zur Bezugnahme auf mehrere Klauselwerke
Vorsicht bei der Einbeziehung mehrerer Klauselwerke in einen Vertrag!
In der Praxis ist es längst keine Seltenheit mehr, dass in einen Vertrag mehrere Klauselwerke einbezogen werden. Dies ist auch grundsätzlich zulässig. Entscheidend ist jedoch, dass Sie im Vertrag eindeutig klarstellen, in welcher Reihenfolge die Klauselwerke im Falle von konkurrierenden Regelungen gelten sollen. Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass keine der konkurrierenden Regelungen Anwendung findet, sondern stattdessen das Gesetz gilt. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16. März 2006 (Aktenzeichen I ZR 65/03) nunmehr klar entschieden. Sie können das Urteil unter o.g. Aktenzeichen im Internet abrufen unter www.bundesgerichtshof.de.
Sachverhalt:
Die Parteien eines Schwertransportvertrages stritten um die Geltung bzw. Wirksamkeit von Aufrechnungsverboten, die in den Vertragsbedingungen des Transportunternehmens enthal-ten waren. Der Auftraggeber hatte gegen die Frachtvergütungsansprüche des Transportun-ternehmens mit einer Schadensersatzforderung aufgerechnet. Das Transportunternehmen hielt diese Aufrechnung mit Verweis auf die in ihren Bedingungen enthaltenen Aufrech-nungsverbote für unzulässig. Das Transportunternehmen hatte sein Angebot unter Zugrun-delegung der ADSp (Allgemeine deutsche Spediteurbedingungen) sowie der „Besonderen Bedingungen für Schwer- und Spezialtransporte“ abgegeben. Diese „Besonderen Bedingun-gen“ enthielten ein weitergehendes Aufrechnungsverbot als die ADSp.
Ziffer 1 der „Besonderen Bedingungen“ lautete wie folgt: „ Es gelten die Allgemeinen Deut-schen Spediteurbedingungen (ADSp neueste Fassung) für jeden Auftrag als vereinbart, er-gänzend gelten die nachstehenden Bedingungen.“
Urteil:
Der Bundesgerichtshof entschied, dass kein Aufrechnungsverbot wirksam vereinbart war, da nicht eindeutig sei, in welchem Rangverhältnis das in den „Besonderen Bedingungen“ enthaltene Aufrechnungsverbot zu dem in Ziffer 19 ADSp geregelten Aufrechnungsverbot stehe.
Zwar spreche der Wortlaut von Ziffer 1 der „Besonderen Vertragsbedingungen“ für die An-nahme, dass die Vertragsparteien eine vorrangige Geltung der ADSp vereinbart hätten. Da-gegen spreche jedoch der Sinnzusammenhang der beiden einbezogenen Klauselwerke. Das Transportunternehmen habe für den Auftraggeber ausschließlich Schwerlasttransporte durchgeführt. Für diese Art von Transporten habe sie die in die Verträge einbezogenen „Be-sonderen Bedingungen“ speziell aufgestellt, was für deren vorrangige Geltung vor den ADSp spräche. Diese Unklarheit des Rangverhältnisses der beiden konkurrierenden Aufrech-nungsverbote habe zur Folge, dass keine von ihnen angewendet werden könne. Dies wiede-rum führe dazu, dass die gesetzlichen Bestimmungen (§§ 387 ff. BGB) zur Anwendung kommen. Diesen gesetzlichen Bestimmungen könne jedoch für den vorliegenden Fall kein Aufrechnungsverbot entnommen werden. Folglich sei es dem Auftraggeber nicht verwehrt, gegen die Frachtvergütungsansprüche des Transportunternehmens mit Schadensersatzans-prüchen aufzurechnen.
Praxistipp: Stellen Sie in Ihren Verträgen die Rangfolge verschiedener Klauselwerke ein-deutig klar. Formulierungsvorschlag.: „Als Vertragsgrundlage gelten in folgender Reihen-folge: 1….2….3…. Sollten einzelne Regelungen aus den vorgenannten Vertragsgrundlagen miteinander konkurrieren bzw. sich widersprechen gilt jeweils die Regelung aus der Ver-tragsgrundlage, die entsprechend der vorstehend genannter Reihenfolge vorrangig vereinbart worden ist.“