BGH: Wann kann ein vom Auftragnehmer dem Auftraggeber gezahlter Vorschuss zur Mängelbeseitigung zurückgefordert werden?
Der Bundesgerichtshof hat am 14.01.2010 gleich zwei Urteile zum Rückforderungsanspruch des Auftragnehmers im Falle eines zur Mängelbeseitigung gezahlten Vorschusses gefällt. In dem ersten Streitfall legte er die Voraussetzungen für den Rückzahlungsanspruch fest, im zweiten Streitfall ging es darum, wann der Rückzahlungsanspruch des Auftragnehmers verjährt.
Hintergrund:
Nach § 637 Absatz 1 BGB können Sie als Auftraggeber im Falle einer mangelhaften Leistung durch den Auftragnehmer diesem eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen und nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Mangel selbst beseitigen oder durch einen Dritten beseitigen lassen. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen können Sie vom Auftragnehmer ersetzt verlangen und gemäß § 637 Absatz 3 BGB von diesem einen Vorschuss für die voraussichtlichen Aufwendungen verlangen. Den dann vom Auftragnehmer gezahlten Vorschuss müssen Sie innerhalb einer angemessenen Frist unter Darlegung der tatsächlich gezahlten Mängelbeseitigungskosten mit dem Auftragnehmer abrechnen.
Mit Urteil vom 14.01.2010 (Aktenzeichen VII ZR 108/08) hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Auftragnehmer von Ihnen als Auftraggeber den gezahlten Vorschuss zurückfordern kann. Nach dem BGH ist ein solcher Rückforderungsanspruch in zwei Fällen gegeben:
Erster Fall: Es steht fest, dass die Mängelbeseitigung nicht mehr durchgeführt wird.
Dies ist nach der Entscheidung des BGH insbesondere der Fall, wenn der Auftraggeber seinen Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen.
Beispiel: Ein Nachunternehmer hat seinem Generalunternehmer einen Vorschuss bezahlt, der Generalunternehmer wurde jedoch vom Bauherrn nicht mehr in Anspruch genommen.
Die Beweislast dafür, dass der Auftraggeber seinen Willen zur Mängelbeseitigung aufgegeben hat, liegt beim Auftragnehmer!
Im vorliegenden Fall war eindeutig, dass der Auftraggeber seinen Mängelbeseitigungswillen keinesfalls aufgegeben hatte. Zwar liefen die Mängelbeseitigungsarbeiten schleppend. Eine vermeidbare Verzögerung stellt nach Ansicht des BGH den Mängelbeseitigungswillen aber nicht in Frage.
Zweiter Fall: Der Auftraggeber hat die Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt.
Diesbezüglich stellt sich natürlich die Frage, was unter einer „angemessenen Frist“ zu verstehen ist. Während die Instanzgerichte und auch die Literatur hier zum Teil an bestimmte Fristen anknüpfen (z.B. 9 Monate, 1 Jahr, 1 ½ Jahre), entschied nunmehr der BGH, dass sich die Anknüpfung an starre Fristen von vorneherein verbiete. Vielmehr sei im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu ermitteln, welche Frist angemessen sei. Der Auftraggeber müsse die Mängelbeseitigung ohne schuldhaftes Zögern in Angriff nehmen und durchführen. Es könne aber nicht allein darauf abgestellt werden, in welcher Zeit ein Bauunternehmer üblicherweise die Mängel beseitigt hätte. Vielmehr sei auch auf die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen und zu berücksichtigen, dass dieser ggf. sachkundige Beratung hinsichtlich der Mängelbeseitigung einholen müsse. Generell sei ein großzügiger Maßstab anzulegen, denn immerhin seien dem Auftraggeber ja die Mängelbeseitigungsmaßnahmen vom Auftragnehmer dadurch aufgedrängt worden, dass der Auftragnehmer diese nicht selbst innerhalb angemessener Frist beseitigt habe.
Die Beweislast für den Ablauf einer angemessenen Frist liegt auch hier beim Auftragnehmer, allerdings muss der Auftraggeber die für ihn sprechenden persönlichen Umstände darlegen und beweisen.
Praxishinweis:
Im Hinblick auf die Unwägbarkeiten, die mit der Bestimmung der „angemessenen Frist“ verbunden sind, empfiehlt es sich, nach Erhalt des Vorschusses zügig die Mängelbeseitigung voranzutreiben, um sich erst gar nicht dem Risiko der Rückforderung auszusetzen.
Sollten Sie dennoch jemals mit einem solchen Rückforderungsanspruch konfrontiert werden, sollten Sie gegen diesen Anspruch mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Mängel aufrechnen. Für den Schadensersatzanspruch genügt es, wenn Sie die Höhe der notwendigen Nachbesserungskosten darlegen, ohne dass Sie nachweisen müssen, ob, wie und in welchem Umfang die Mängel tatsächlich beseitigt worden sind. Warum der Auftraggeber dies in dem zugrundeliegenden Fall nicht getan hatte, steht in den Sternen.
Urteil des BGH zur Verjährung des Rückforderungsanspruchs:
Mit Urteil vom gleichen Tage (Aktenzeichen VII ZR 213/07) entschied der BGH weiterhin, dass der Anspruch des Auftragnehmers auf Rückzahlung des Vorschusses auf Mängelbeseitigungskosten in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjährt. Etwas kompliziert ist allerdings die Frage, wann diese Verjährungsfrist beginnt zu laufen. Grundsätzlich beginnt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Umständen, welche den Anspruch begründen, Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen hätte müssen. (§ 199 Absatz 1 BGB). Zu den Umständen, welche den Rückzahlungsanspruch begründen, gehört auch die Kenntnis der Umstände, welche die „angemessene Frist“ zur Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten begründen. Die Einschätzung dieser Frist wird schon allein dadurch erheblich erschwert, dass dem Auftragnehmer die persönlichen Schwierigkeiten des Auftraggebers im Einzelfall nicht bekannt sind. Bei der Beurteilung der grob fahrlässigen Unkenntnis des Auftragnehmers von seinem Rückforderungsanspruch ist der BGH deshalb großzügig: „Ein verständiger Auftragnehmer wird sich erst dann Gedanken über die zweckentsprechende Verwendung des Vorschusses machen und Nachforschungen anstellen müssen, wenn die sich am normalen Bauablauf orientierende Frist deutlich überschritten ist.“
Die Entscheidungen des BGH vom 14.01.2010 können Sie abrufen unter www.bundesgerichtshof.de, dort unter Entscheidungen unter Angabe der jeweiligen Aktenzeichen VII ZR 108/08 und VII ZR 213/07.