Denn sie wissen nicht, was sie tun!
So kann es Lieferanten oder Auftragnehmern ergehen, wenn sie Garantie und gesetzliche Mängelansprüche (Gewährleistung) nicht auseinanderhalten:
Ein Auftraggeber hatte einen Auftragnehmer (AN) mit der Terrassenabdichtung beauftragt. Im Angebot des Auftragnehmers hieß es: „Für handwerkliche Arbeiten übernehmen wir ab Rechnungsdatum zwei Jahre Garantie“. Was der Auftragnehmer mit dieser Erklärung eigentlich beabsichtigte: Er wollte die 5-jährige Verjährungsfrist für Bauleistungen auf zwei Jahre verkürzen! Als dann nach Ablauf von zwei Jahren an der Terrassenabdichtung erhebliche Mängel auftraten, berief sich der Auftragnehmer auf Verjährung. Er habe schließlich, abweichend von der gesetzlich geregelten 5-jährigen Verjährungsfrist, nur zwei Jahre Gewährleistung übernommen. Doch was der Auftragnehmer daraufhin vom Oberlandesgericht Naumburg (Urteil vom 21.03.2011, IBR 2011,515) zu hören bekam, dürfte ihn geschockt haben: Vom objektiven Empfängerhorizont des Bestellers aus könne die Formulierung „Für handwerkliche Arbeiten übernehmen wir ab Rechnungsdatum zwei Jahre Garantie“ nicht als Verkürzung der gesetzlichen Mängelansprüche verstanden werden, sondern vielmehr als eine darüber hinaus gehende Garantieerklärung. Diese Erklärung sei so zu begreifen, dass der Auftragnehmer in den ersten zwei Jahren verschuldensunabhängig (!) garantiere, für Mängel einzustehen. Die gesetzliche 5-jährige Gewährleistungshaftung bleibe davon unberührt. Statt sich also besser zu stellen, hatte der Auftragnehmer dem Auftraggeber zusätzliche Rechte eingeräumt und sich mit seiner Formulierung unwissentlich sogar gegenüber dem Gesetz erheblich schlechter gestellt.
Seit der Schuldrechtsreform ist die Garantie ausdrücklich im Gesetz geregelt, § 443 BGB. Eine Garantie muss explizit eingeräumt werden, sonst gibt es keinen Garantieanspruch. Dieser Anspruch gilt unbeschadet der gesetzlichen Mängelansprüche des Käufers! Insofern können Garantieerklärungen die gesetzlichen Mängelansprüche auch niemals verkürzen.
Auch auf Angeboten von Lieferanten liest man immer wieder Formulierungen wie: „Garantiefrist: 1 Jahr“. Die Lieferanten wollen damit in der Regel die Verjährungsfrist auf ein Jahr verkürzen, doch tatsächlich geben sie entsprechend des Urteils des Oberlandesgerichts Naumburg auch hier zugunsten des Einkäufers eine Garantie ab.
Auch für Einkäufer ist die Unterscheidung wichtig!
Auch auf der Einkäuferseite kann es zu Rechtsverlusten kommen, wenn Garantie und gesetzliche Mängelansprüche (Gewährleistung) nicht auseinandergehalten werden. Dies zeigt anschaulich folgende Geschichte: Der Käufer eines Gebrauchtwagens ließ wegen eines Getriebeschadens eine Reparatur durchführen, für die er einen „30%-igen Kundenanteil auf Material gemäß Garantiebestimmungen“ zahlte. Diesen Betrag hatte er nur bezahlt, weil er Garantie und Gewährleistung nicht auseinandergehalten hatte. Ansonsten hätte er nämlich gleich dem Händler erklärt, dass dieser ihm den Getriebeschaden im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungspflicht kostenlos zu beseitigen hat. Als der Käufer dies später durch Zufall erfuhr, verlangte er vom Händler das Geld zurück. Während das Berufungsgericht seine Klage auf Rückzahlung noch mit der Begründung zurückwies, er habe den Anspruch des Händlers „anerkannt“, hatte der Käufer zum Schluss beim Bundesgerichtshof (Urteil vom 11.11.2008, Aktenzeichen VIIII ZR 265/07) wenigstens doch noch Erfolg: Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen werde, enthalte keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen außer Streit stellen zu wollen, weshalb hier nicht von einem Schuldanerkenntnis ausgegangen werden könne.
Fazit:
Auch wenn der Käufer in diesem Fall zum Schluss doch noch Glück hatte, er hätte sich bei rechtzeitiger Kenntnis der Rechtslage viel Ärger und Zeit sparen können!
Hier noch mal ein paar wichtige Grundsätze zu Garantien:
- Eine Garantie muss erklärt werden.
- Ansprüche aus der Garantie bestehen unbeschadet der gesetzlichen Mängelansprüche.
- Die Garantie bindet denjenigen, der sie erklärt! (kann z.B. Verkäufer oder Hersteller sein)
- Bei Haltbarkeitsgarantie besteht eine Vermutung zugunsten des Käufers, dass ein von der Garantie erfasster Mangel, der innerhalb der Garantiezeit auftritt,
unmittelbar die Garantie auslöst. - Im Zweifel hat der Käufer aufgrund einer Garantie alle im Gesetz bei Sachmängeln vorgesehen Rechte. (Aussteller kann Garantie aber auch auf bestimmte Ansprüche beschränken!)
- Verschärfter Haftungsmaßstab (§ 276 BGB). Verkäufer haftet auch, wenn ihn kein Verschulden trifft.
- Haftungsausschlüsse und –beschränkungen sind unwirksam, soweit der Verkäufer eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat (§444 BGB).