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Nacherfüllunsanspruch von Käufern

21. November 2006

Mit Urteil vom 02.09.2004 hat das OLG Karlsruhe (ZGS 2004, 432 ff.) eine für Einkäufer wichtige Entscheidung zum Umfang des seit Schuldrechtsreform neu geregelten Nacherfüllungsanspruches des Käufers getroffen:

Das neue BGB regelt in § 439, dass zum Nacherfüllungsanspruch des Käufers auch die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten gehören. Das OLG Karlsruhe hat nunmehr entschieden, dass hierzu auch die gesamten Ein- und Ausbaukosten gehören, selbst wenn diese den Produktwert um ein Vielfaches übersteigen!

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:
Der Käufer, ein privater Bauherr, kaufte im März 2002 in einem Baumarkt 50 qm glasierte Feinsteinzeugfliesen der Abriebklasse 5 als „1.Wahl“. Kurz nach der Verlegung stellte sich heraus, dass die Glasur der Fliesen bei geringster Beanspruchung abplatzte, was auf Hohllagen innerhalb der Fliesen zurückzuführen war. Der Käufer verlangte vom Baumarkt die Beseitigung der Mängel. Dieser verweigerte die Mängelbeseitigung vor allem mit der Begründung, dass die Mängelbeseitigung den Kaufpreis um das 15-fache überschreite und deshalb die Nacherfüllung für ihn unverhältnismäßig sei.

Das OLG Karlsruhe gab dem Käufer recht und verurteilte den Lieferanten (Baumarkt) vollumfänglich zur Mängelbeseitigung einschließlich der damit verbundenen Ein- und Ausbaukosten. Der Lieferant könne die Nacherfüllung nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten nach § 439 Absatz 3 BGB verweigern, denn die Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 439 Absatz 3 BGB richte sich nicht nach dem Verhältnis der Nacherfüllungskosten zum Kaufpreis, sondern nach ihrem Verhältnis zu der durch die Nacherfüllung für den Käufer zu erzielenden Werterhöhung. Im vorliegenden Fall sei der Vorteil der Nacherfüllung für den Käufer erheblich, da die Fliesen nicht nur gering zu veranschlagende Schönheitsfehler aufwiesen, sondern schon geringeren Anforderungen der vertragsgemäßen Nutzung nicht stand hielten.

OLG Köln, Urteil vom 21.12.2005 in ZGS 2006,75 ff.:
Entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe hat jedoch nunmehr das OLG Köln in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass lediglich die Kosten für die Rücknahme und Entfernung der Fliesen als Nacherfüllungskosten erstattungsfähig seien. Die Kosten für den Einbau der Fliesen seien dagegen keine Nacherfüllungskosten und deshalb allenfalls als Schadensersatzanspruch zu ersetzen. Dieser setze aber Verschulden von Seiten des Verkäufers voraus. Ein solches Verschulden auf Seiten des Lieferanten liege jetzt nicht vor.

Nachdem das OLG Köln ausdrücklich von der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe abweicht, darf man sehr gespannt sein, wie der Bundesgerichtshof zu dieser Problematik entscheidet!