OLG Frankfurt: Emails genügen nicht den VOB/B – Schriftformerfordernissen!
Hintergrund
Für eine Reihe von wesentlichen Erklärungen im Rahmen der Bauabwicklung fordert die Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) ausdrücklich, dass diese schriftlich erfolgen müssen, z.B. der Bedenkenhinweis des Auftragnehmers nach § 4 Absatz 3 VOB/B, die Behinderungsanzeige des Auftragnehmers nach § 6 Absatz 1 VOB/B und die Mängelrüge des Auftraggebers zur Verjährungsunterbrechung (Neubeginn) nach § 13 Absatz 5 Nr. 1 VOB/B. In der Praxis wird der Schriftverkehr zunehmend elektronisch abgewickelt.
Insofern ist die Frage, ob Emails den Schriftformerfordernissen der VOB/B genügt, ausgesprochen praxisrelevant! Das Oberlandesgerich Frankfurt entschied nunmehr, dass eine einfache Email hierfür nicht ausreichend ist.
Sachverhalt:
Ein Bauunternehmer führte Bauleistungen aufgrund eines VOB-Bauvertrages aus, welche der Bauherr im Juni 2005 abnahm. Mit E-Mail vom 08.03.2009 rügte der Bauherr Mängel und forderte den Bauunternehmer auf, diese zu beseitigen. Mit Schreiben vom 27.03.2009 wies der Auftraggeber das Mängelbeseitigungsverlangen zurück. Anfang 2011 erhob der Bauherr Klage auf Vorschuss der Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 9.800 Euro. Der Bauunternehmer verteidigt sich vor allem mit der Verjährungseinrede.
Beschluss des Oberlandesgericht Frankfurt:
Wie schon das Landgericht wies auch das Oberlandesgericht Frankfurt die Klageforderung mit Beschluss vom 30.04.2012 (Aktenzeichen 4U 269/11) wegen Verjährung zurück. Das Oberlandesgericht stellte klar, dass eine Mängelrüge per E-Mail das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B nicht erfüllt, sofern nicht eine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Nach §126 Abs. 1 BGB verlange die Einhaltung der Schriftform, dass die Mängelanzeige vom Anzeigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden müsse. Diese Form könne nach §126 Abs. 3 BGB zwar durch die in § 126a BGB geregelte elektronische Form ersetzt werden, welche aber im vorliegen Fall nicht vorliege. Dies habe zur Folge, dass der Auftraggeber wegen der nicht formgültigen Erklärung in seiner per E-Mail abgefassten Mängelrüge die Verjährungsfrist für Mängel nicht wie in § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B vorgesehen um zwei Jahre verlängern konnte und deshalb mit seinen Mängelansprüchen wegen Verjährung ausgeschlossen war.
Praxishinweis
Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist nicht unumstritten. Teilweise wird – meines Erachtens zu Recht – die Auffassung vertreten, dass zur Wahrung der vertraglich vereinbarten Schriftform die Übermittlung per Telekommunikation, hier per E-Mail ausreiche. Solange der Bundesgerichtshof allerdings kein vom OLG Frankfurt abweichendes Urteil trifft, kann nur davor gewarnt werden, Erklärungen, die nach der VOB/B schriftlich abzugeben sind, durch E-Mail zu versenden, jedenfalls, soweit es an einer qualifizierten digitalen Signatur fehlt. Eine solche digitale Signatur ist in der Praxis allerdings noch wenig relevant. Hierfür ist eine geeignete Soft- und Hardware erforderlich. Der Signaturschlüssel ist bei einem Zertifizierungsdienstanbieter zu beantragen.