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Schweigen auf Besprechungsprotokoll: Zustimmung!

01. April 2015

Immer öfter zeigen sich die Auswirkungen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27.01.2011 (Aktenzeichens VII ZR 186/09) zur Ausweitung der Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben auf Verhandlungsprotokolle auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte. Die Karlsruher Richter hatten in diesem Urteil dem Zusenden eines von den Teilnehmern einer Vertragsverhandlung unterzeichneten Verhandlungsprotokolls an den Vertragspartner die gleiche Bedeutung beigemessen wie einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben: „Erhält der Auftragnehmer zeitnah zur Verhandlung über einen bereits geschlossenen Vertrag das darüber erstellte Protokoll und ist aus diesem die Abänderung des Vertrages (Verlängerung der Verjährungsfrist von zwei auf fünf Jahre) zu erkennen, ist er in gleicher Weise verpflichtet, den Änderungen zu widersprechen, wie er es wäre, wenn er nach der Vertragsverhandlung ein Kaufmännisches Bestätigungsschreiben über das Ergebnis der Vertragsverhandlung erhalten hätte. Er muss der Vereinbarung, die sein Mitarbeiter getroffen hat, unverzüglich widersprechen, um zu verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche Genehmigung behandelt wird und die Vereinbarung mit diesem Inhalt zustande kommt.

Diese Rechtsprechung wurde nun auch einem Auftragnehmer zum Verhängnis, der nach einer Baustellenbesprechung das darüber erstellte Baustellenprotokoll erhielt. Dieses enthielt die verbindliche Zusage des Auftragnehmers, dass er die erforderliche Werkstatt- und Montageplanung bis spätestens 07.12.2011 übergeben wird. Als diese Werkstatt- und Montageplanung Mitte Dezember noch nicht vorlag, kündigte der Auftraggeber nach fruchtlosem Ablauf einer dem Auftragnehmer gesetzten angemessenen Frist den Vertrag. Der Auftragnehmer wendete ein, er habe sich nicht in Verzug befunden. Insbesondere habe er sich in der Besprechung nicht zur Vorlage der Werkstatt- und Montageplanung verpflichtet, sondern lediglich erklärt, seinem Nachunternehmer eine entsprechende Frist gesetzt zu haben.
Mit Bezug auf das oben genannte Urteil des Bundesgerichtshofs gab das Kammergericht (Urteil vom 18.09.2012 – 7 U 227/11, IBR 2014,9) dem Auftraggeber Recht. Durch das Schweigen des Auftragnehmers auf das Baustellenprotokoll habe der Auftragnehmer den Inhalt des Protokolls genehmigt. Es handele sich hier zwar nicht um ein klassisches kaufmännisches Bestätigungsschreiben, denn dieses liegt nur vor, wenn die zwischen Kaufleuten bereits mündlich ausgehandelten Vertragsbedingungen anschließend von einer Seite schriftlich noch einmal zusammengefasst werden. Doch seien die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben entsprechend anwendbar, wenn der Auftragnehmer zeitnah zu einer Baustellenbesprechung das darüber erstellte Protokoll erhält. Ähnlich wie das kaufmännische Bestätigungsschreiben werde das Besprechungsprotokoll gerade zu dem Zweck erstellt, das Ergebnis von Verhandlungen auf der Baustelle zu bestätigen und schriftlich zu dokumentieren. Denn die Abwicklung von Bauverträgen sei häufig durch Änderungen gekennzeichnet, die sich aus ständig neu auftauchenden technischen oder rechtlichen Problemen ergeben können. Solche Änderungen erfolgen in (Nach-)Verhandlungen oder Baubesprechungen, die dem Zweck dienen, den Vertrag an die veränderten Umstände anzupassen. Es sei üblich, dass darüber Protokolle erstellt und an die Parteien verschickt werden. Entferne sich der Inhalt des Protokolls nicht zu weit von den ursprünglichen Vereinbarungen, könne der Versender des Protokolls erwarten, dass der Empfänger eine Prüfung vornimmt und im Falle des fehlenden Einverständnisses widerspricht.

Das Kammergericht ließ die Revision beim Bundesgerichtshof nicht zu. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Auftragnehmers wies der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.10.2013 – VII ZR 301/12 zurück, was nicht sonderlich überrascht, nachdem der Bundesgerichtshof diese Rechtsfrage mit oben genannten Urteil bereits ausreichend beleuchtet hat.

Wieder einmal hat sich hier das alte Motto „Wer schreibt, der bleibt“ bewahrheitet!

Praxishinweis

Im Hinblick auf die Ausweitung der Rechtsprechung zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben auf Verhandlungs- und Besprechungsprotokolle ist ausgesprochene Vorsicht geboten!

Protokolle jeder Art, seien es nun solche über Baubesprechungen, Projektsitzungen oder Vertragsverhandlungen sind unverzüglich nach ihrem Eingang zu prüfen! Sind Sie mit irgendwelchen Ausführungen aus dem Protokoll – und das können auch Nebenpunkte sein – nicht einverstanden, müssen Sie unverzüglich, das heißt spätestens innerhalb von 2 bis 3 Tagen (beweisbar) ab Zugang des Protokolls widersprechen.

Sie könnten zwar im Streitfall noch geltend machen, dass der Inhalt des Protokolls wesentlich abweicht von dem was besprochen worden ist. Doch bedenken Sie bitte, dass Sie dann diesbezüglich die Beweislast tragen!