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Verjährungsfrist für Dach-Photovoltaikanlagen: 2 Jahre oder 5 Jahre?

29. August 2016

„Es kommt darauf an…..“, ein seitens der Juristen beliebter Ausspruch, seitens der Betroffenen allerdings wenig geschätzt und von der Allgemeinheit gern verspottet.
Doch bezogen auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs zur Verjährungsfrist für Dach-Photovoltaikanlagen ist dieser Satz wieder mal absolut treffend. Die Entscheidungen hätten gegensätzlicher nicht ausfallen können: Mit Urteil vom 09.10.2013 (Aktenzeichen VIII ZR 318/12) entschied sich der VIII. Senat des Bundesgerichtshofs noch für die Geltung der zweijährigen Verjährungsfrist. Dagegen ließ jüngst der VII. Senat mit Urteil vom 2. Juni 2016 die 5-jährige Verjährungsfrist Anwendung finden.
Allerdings kommt es – entgegen dem ersten Anschein – weniger darauf an, welcher Senat nun gerade für Ihren Fall zuständig ist. Vielmehr steckt – wie so oft – der Teufel vor allem im Detail des Sachverhalts.

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugunsten der zweijährigen Verjährungsfrist lag folgende Konstellation zugrunde: Die Photovoltaik-Anlage war auf dem Dach einer Scheune errichtet worden. Die Solarmodule waren allerdings für den Betrieb der Scheune selbst nicht verwendet worden. Diese dienten vielmehr der Stromerzeugung und Einspeisung in das Netz zum Zwecke der Erzielung einer entsprechenden Vergütung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die lange Verjährungsfrist „bei Bauwerken“, wenn:

• das Werk in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes besteht,

• das Werk in das Gebäude fest eingefügt wird und

• das Werk dem Zweck des Gebäudes dient.

Insbesondere am Fehlen der letzten Voraussetzung ließ der achte Senat die Anwendung der langen Verjährungsfrist für Bauwerke scheitern. Nach Ansicht der Richter diente die Solaranlage eigenen Zwecken, denn sie sollte dem Landwirt eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen. Die Photovoltaikanlage hatte mithin keine Funktion für das Gebäude (Scheune) selbst. Zudem waren die Solarmodule nicht Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an der Scheune. Dies war ein weiterer Grund, warum die Karlsruher Richter hier die kaufrechtliche kurze Verjährungsfrist zur Anwendung kommen ließen.

Sachverhalt der Entscheidung vom Juni 2016:

Der Betreiber einer Tennishalle ließ auf dem Dach der Halle eine Photovoltaikanlage installieren. Die Anlage musste aufgrund ihres Gewichts auf einer mit dem Dach fest verbundenen Unterkonstruktion angebracht werden, ferner waren erhebliche Eingriffe in die Substanz des Gebäudes im Zusammenhang mit der Leitungsführung und der in der Halle errichteten Kontroll- und Steuerungsanlage erforderlich.
Bei diesem Sachverhalt bejahte der Bundesgerichtshof alle drei für die Anwendung der 5-jährigen Verjährungsfrist geltenden Voraussetzungen:

Grundlegende Erneuerung der Tennishalle

Für den Einbau der Photovoltaikanlage mussten gravierende Eingriffe in die Dachhaut und die Konstruktion vorgenommen werden. Darin sah der BGH eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle.

Feste Einfügung in das Gebäude

Diese Voraussetzung sah der Bundesgerichtshof ebenfalls als gegeben, da die Photovoltaikanlage durch die Vielzahl der verbauten Komponenten so mit der Tennishalle verbunden war, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich gewesen wäre.

Zweck der Anlage

An dieser Stelle gehen die Urteilsbegründungen der beiden Senate auseinander. Der VII. Senat legt hier einen deutlich großzügigeren Maßstab an, als der VIII. Senat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2013. So ließ es der VII. Senat für die Zweckdienlichkeit der Anlage ausreichen, dass die Tennishalle unabhängig von ihren sonstigen Zwecken, jedenfalls auch dazu diente, „Trägerobjekt für eine Photovoltaikanlage zu sein.”

Fazit:

Die aktuelle Entscheidung des VII. Senats des Bundesgerichtshofs kommt Ihnen als Auftraggeber entgegen. Jedenfalls bei umfangreichen, in die Gebäudesubstanz eingreifenden Einbauarbeiten kann man in Zukunft wohl davon ausgehen, dass die 5-jährige Verjährungsfrist greift.

Kein Grund zu voreiliger Freude!

Allerdings ist Vorsicht geboten, denn die Rechtslage wird nicht immer eindeutig sein. Der Betreiber der Tennisanlage hatte vor Gericht detailliert die umfangreichen Arbeiten zur Installation der Anlage dargelegt. Es war also in diesem Fall im Gegensatz zu dem früheren Fall aus dem Jahr 2013 gerade nicht damit getan, Module nur anzuschrauben und Kabel zu verbinden.

Praxishinweis:

Da es somit entscheidend auf den einzelnen Sachverhalt ankommt, sollten Sie sich nicht auf die Anwendung der 5-jährigen Verjährungsfrist verlassen, sondern Ihre Anlagen rechtzeitig, d.h. möglichst vor Ablauf von zwei Jahren nach Abnahme auf Mängel untersuchen und gegebenenfalls verjährungshemmende Maßnahmen einleiten.

Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2016 können Sie abrufen unter www.bundesgerichtshof.de, dort unter Angabe des Aktenzeichens VII ZR 348/13.