Vorsicht Stolperfalle – Die Tücken des AGB-Rechtes bei der Vertragsstrafe!
Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2012: Vertragsstrafe für Zwischentermin muss auf anteiligen Auftragswert begrenzt sein!
Wiedermal hat der Bundesgerichtshof eine Vertragsstrafe am AGB-Recht scheitern lassen:
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags getroffene Vertragsstrafenregelung, die eine für die Überschreitung einer Zwischenfrist zu zahlende Vertragsstrafe auf höchstens 5% der Gesamtauftragssumme begrenzt, ist unwirksam.
Konkret ging es um folgenden Streit:
In einem Vertrag über Dachsanierung hatte der Auftraggeber mit seinem Generalunternehmer als Zwischentermin die „Herstellung aller für den Hochwasserschutz erforderlichen Bestandteile“ am 31.10.2008 vereinbart. Der Vertrag enthielt außerdem eine Vertragsstrafe, die sich unter anderem auch auf diesen Termin bezog. Die Vertragsstrafe wurde insgesamt begrenzt auf maximal 5% der Auftragssumme. Der Generalunternehmer beauftragte einen Nachunternehmer mit der Herstellung des Deichtors. Vereinbarter Fertigstellungstermin war der 18.10.2008. Der Nachunternehmer geriet in Verzug und schloss die Montage des Deichtors erst am 05.12.2008 ab. Der Auftraggeber machte deshalb gegenüber dem Generalunternehmer die Vertragsstrafe geltend und zog 140.000 Euro vom Werklohn des Generalunternehmers ab. Der Generalunternehmer wiederum rechnet im Werklohnprozess des Nachunternehmers mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe der vom Auftraggeber einbehaltenen Vertragsstrafe von 140.000,- Euro auf.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die Aufrechnung gegenüber dem Vergütungsanspruch des Nachunternehmers greift nicht durch, weil die Vertragsstrafenvereinbarung zwischen dem Auftraggeber und dem Generalunternehmer unwirksam ist. Deshalb kann der Auftraggeber vom Generalunternehmer auch keine Vertragsstrafe verlangen. Dementsprechend war dem Generalunternehmer auch kein Schaden entstanden, mit dem er gegen die Werklohnforderung seines Nachunternehmers aufrechnen konnte.
Die Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung ergibt sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs daraus, dass eine Höchstgrenze von 5% der vollen Auftragssumme bei bloßem Verzug mit einem Zwischentermin den Generalunternehmer unangemessen benachteiligt. Zwar habe der Auftraggeber im konkreten Fall ein sehr hohes Interesse an der Einhaltung dieses Zwischentermins, weil nach diesem Termin die Hochwasserperiode einsetzt, in der Bautätigkeiten am Deich untersagt sind. Andererseits müsse die Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis zum Werklohn des Generalunternehmers stehen. In diesem Zusammenhang habe der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass bei Vertragsstrafen, die sich auf einen Fertigstellungstermin beziehen, die maximal zulässige Höchstgrenze bei 5% der Auftragssumme liege. Bei der Absicherung von Zwischenterminen aber solle der Auftraggeber nicht besser gestellt werden als hätte er den Auftragnehmer allein mit Leistungen bis zum Zwischentermin beauftragt. In diesem Fall wäre der Zwischentermin ein Endtermin, und die prozentualen Höchstsätze einer Vertragsstrafe müssten sich an dieser Auftragssumme orientieren.
Die Begrenzung auf 5% der anteiligen Auftragssumme gelte auch dann, wenn – wie hier wegen des Hochwasserschutzes – an der Einhaltung einer Zwischenfrist sogar ein größeres Interesse als an der Einhaltung der Fertigstellungsfrist besteht. Diesbezüglich sei der Auftraggeber bereits ausreichend durch die Möglichkeit der Geltendmachung seiner gesetzlichen Schadensersatzansprüche geschützt sowie durch die Möglichkeit, die Vertragsstrafe individuell zu vereinbaren.
Praxishinweis:
Wollen Sie eine vorformulierte Vertragsstrafe nicht nur auf den Fertigstellungstermin beziehen, sondern auch auf Zwischentermine, ist bei der Formulierung der Vertragsstrafe besondere Sorgfalt gefragt.
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs liegt die Empfehlung für die Praxis auf der Hand:
Egal wie groß Ihr Interesse an der Einhaltung eines Zwischentermins auch sein mag, die maximale Begrenzung der Vertragsstrafe für diesen Zwischentermin muss sich auf den anteiligen Auftragswert beziehen!
Auch wenn der anteilige Auftragswert für einzelne Zwischenfristen nicht immer einfach zu beziffern ist: Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs bleibt Ihnen bei Vereinbarung einer Vertragsstrafe auch auf Zwischentermine nichts anderes übrig, als den Soll-Leistungsstand zum betreffenden Zwischentermin preislich möglichst zutreffend zu bewerten.
Darüber hinaus empfiehlt es sich angesichts der Urteilsbegründung dringend, auch den Tagessatz für die Vertragsstrafe jeweils nur auf den anteiligen Auftragswert zu beziehen!
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.12.2012 können Sie abrufen unter www.bundesgerichtshof.de, dort unter Entscheidungen unter Angabe des Aktenzeichens VII ZR 133/11.
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