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Wirtschaftsmediation: Eine effektive Streitbeilegungsalternative

14. August 2006

Während sich in Frankreich, Österreich oder den Vereinigten Staaten die Wirtschaftsmediation als kooperative Konfliktlösungsmethode durchaus schon durchgesetzt hat, steht die Wirtschaftsmediation in Deutschland noch am Anfang und wird von vielen Unternehmen noch sehr skeptisch betrachtet. Wer allerdings trotz anfänglicher Skepsis den Schritt zur Mediation gewagt hat, ist meist begeistert. Statistisch belegt führt die Mediation in über 80 % der Fälle zu einer einvernehmlichen Lösung des Konfliktes.

Hintergrund:

Sie haben eine Anlage gekauft und sind mit den Leistungen der Anlage nicht zufrieden. Ihrer Meinung nach entspricht die Anlage weder der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit noch der zuvor mit dem Lieferanten besprochenen Funktion. Der Lieferant ist der Auffassung den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt zu haben und trotz mehrfacher gemeinsamer Gespräche kommt es nicht zu einer Einigung. Der Lieferant verweigert jegliche Nachbesserung oder Schadensersatzzahlung. Die ursprünglich vielleicht noch sachlich geführte Verhandlung wird mehr und mehr von Emotionen geprägt, die Positionen verhärten sich. Dies ist der Moment, wo Sie möglicherweise als Lösungsmöglichkeit oftmals nur noch das Gerichtsverfahren sehen. Doch fast jeder, der ein Gerichtsverfahren schon mal über mehrere Instanzen „durchlebt“ hat, kennt die erheblichen Nachteile dieser Streitbeilegungsmethode:

Nachteile von Gerichtsverfahren:

  • Die Entscheidung liegt nicht mehr in den Händen der Parteien, sondern in den Händen des Richters – Fremdbestimmtheit der Entscheidung.
  • Der Einsatz von Rechtsanwälten verhindert eine weitere direkte Auseinandersetzung der Parteien mit den zugrundeliegenden Problemen.
  • Lange Verfahrenszeiten, insbesondere bei mehreren Instanzen.
  • Wenig Zeit in der Gerichtsverhandlung wegen knapper Terminierung.
  • Starker Vergleichsdruck von Seiten des Richters kann zu unbefriedigenden Kompromisslösungen führen.
  • Gewinner-Verlierer-Prinzip: Der Gewinn des einen ist der Verlust des anderen
  • Orientierung an der Vergangenheit: Wer hatte „schuld“? Bestand ein Anspruch?
  • Erhebliche zeitliche und persönliche Belastung der am Prozess beteiligten Mitarbeiter. Die während des oft jahrelangen Prozesses investierte Zeit und Energie geht zukunftsorientierten und gewinnbringenden neuen Projekten/Zielen verloren.
  • erheblicher finanzieller Aufwand.
  • Wirtschaftliche, unternehmerische oder persönliche Zielsetzungen finden im Gerichtsverfahren keine Berücksichtigung und bleiben daher für die Entscheidung ohne Bedeutung.
    Viele der dargestellten Nachteile des Gerichtsverfahrens werden beim Mediationsverfahren vermieden oder zumindest verringert.

Was ist Mediation?

Mediation ist ein freiwilliges und nicht förmliches Verhandlungsverfahren mit zwei oder mehreren Parteien mit dem Ziel der Konfliktlösung, unterstützt und geführt durch eine neutrale dritte Person, den Mediator. Der Mediator strukturiert das Gespräch zwischen den Konfliktpartnern, hilft durch gezielte Fragestellungen, die hinter den Positionen der Parteien liegenden Interessen zu erkennen und unterstützt mit geeigneter Methodik die Konfliktparteien dabei, gemeinsam zukunftsorientierte Lösungen zu finden.

Die Parteien entscheiden eigenverantwortlich, was behandelt wird und worüber verhandelt wird. Sie sind „Herren des Verfahrens“, d.h. sie bestimmen den Verhandlungsinhalt und entscheiden über den Fortgang oder auch Abbruch des Verfahrens. Der Mediator bestimmt insoweit lediglich den Verhandlungsablauf.
Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren sind bei einer Mediation nicht nur die juristisch relevanten Punkte von Bedeutung, sondern alle Aspekte eines Konfliktes, also auch wirtschaftliche, persönliche und emotionale Aspekte.

Ablauf eines Mediationsverfahrens

Auch wenn es beim Mediationsverfahren kein starres Schema gibt, lässt sich der Ablauf des Verfahrens grob in fünf Phasen einteilen:
I. Phase: Eröffnung des Verfahrens: Besprechung der Grundsätze des Mediationsverfahrens und Absprache der Verhandlungsregeln.
II. Phase: Informations- und Themensammlung: Die Parteien stellen den Konflikt jeweils aus ihrer Sicht dar und formulieren über welche Themen verhandelt werden soll.
III. Phase: Von Positionen zu Interessen. Die Parteien arbeiten mit Hilfe des Mediators die hinter den Positionen liegenden Interessen heraus. Ziel dieser Phase ist es, die wechselseitigen Beweggründe der jeweiligen Positionen zu erkennen und zu verstehen.
Die dritte Phase dient außerdem dazu, zusammen mit den Parteien den Blick in die Zukunft zu wenden . Was ist jeder bereit, in der Zukunft anders zu machen, um den Konflikt zu lösen?
IV. Phase: Kreative Ideensuche und Bewertung der Optionen: Die Parteien entwickeln gemeinsam Lösungsalternativen, bewerten diese nach ihrer Realisierungsmöglichkeit und erarbeiten Prioritäten.
V. Phase: Ergebnis und Niederlegung in der Abschlussvereinbarung: Die Parteien fixieren die von ihnen gefundene Lösung vertraglich in einer Abschlussvereinbarung, die beide unterzeichnen.

Vorteile der Mediation:

Die Mediation bietet gegenüber einem gerichtlichen Verfahren zahlreiche Vorteile:

  • Vertraulichkeit: Im Gegensatz zur öffentlichen Gerichtsverhandlung bleibt die Mediation vertraulich. Negative Publicity und Imageschäden können so verhindert werden.
  • Flexible Lösungen: In der Mediation können Hintergründe und Motive der Parteien erforscht und so auf den Einzelfall zugeschnittene Lösungen entwickelt werden.
  • Unbürokratische und schnell Streitbeilegung. Hierdurch werden kosten- und zeitintensive Vorbereitungsarbeiten vermieden, die finanzielle und vor allem auch personelle Ressourcen binden.
  • Sicherung bestehender Vertrags- und Geschäftsbeziehungen: Die ehemals gut funktionierende Geschäftsbeziehung wird häufig spätestens im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens zerstört. Eine einvernehmlich gefundene Lösung eröffnet dagegen eine gute Chance, das ehemals positive Klima zwischen den Geschäftspartnern wieder herzustellen.
  • Höhere Verfahrenszufriedenheit: Die gemeinsam gefundene Lösung basiert auf den herausgearbeiteten Interessen aller Streitbeteiligten (Win-win-Situation)
  • Höhere Befolgungsrate: Die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung gemeinsam gefundener Lösungen ist deutlich höher, als bei Verfahren mit einer Drittentscheidung durch den (Schieds-)Richter.
  • Wesentlich kürzere Verfahrensdauer: Während sich Rechtsstreitigkeiten vor Gericht in der Regel über Monate oder Jahre hinziehen, finden die Mediationsparteien oft schon nach ein bis drei Tagen Verhandlung eine Lösung des Konfliktes.
  • Kosten: Die Kosten einer Mediation sind zumeist geringer, als die eines Gerichtsverfahrens. (Das Honorar des Mediators liegt in der Regel zwischen 150,- und 300,- Euro in der Stunde). Zudem werden die Ressourcen des Unternehmens nicht mit einem langwierigen, unsicheren und zeitintensiven Rechtsstreit belastet.

Häufig sind auch noch Dritte in Konflikte mit eingebunden. Beispiel: Ein Kunde Ihres Unternehmens macht Mängelansprüche geltend. Diese wollen Sie durch Rückgriff in der Lieferantenkette weitergeben. Ihr Lieferant weigert sich jedoch, den Rückgriff zu akzeptieren. Sie wollen Ihren Kunden nicht verlieren und sind auf eine schnelle gemeinsame Lösung angewiesen. Auch hier bietet Ihnen das Mediationsverfahren die Möglichkeit, unter Einbindung aller Beteiligten, also des Lieferanten und des Kunden, eine zeitnahe, alle Interessen berücksichtigende Lösung zu finden.
Bevor Sie also den Gang zum Gericht antreten und sich entsprechend dem bekannten Sprichwort „wie auf hoher See in Gottes Hand begeben“ empfiehlt sich durchaus der Versuch, die Fäden selbst noch in der Hand zu behalten und den Konflikt über ein Mediationsverfahren zu lösen. Sollte die Mediation tatsächlich scheitern, bleibt der Weg zum Gericht ja immer noch offen.

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